Rede von Wladimir Kalistratow zur Ausstellungseröffnung im Torhaus Rombergpark „Pittoreske Heimlichkeiten“ in Dortmund — 2012
Ich frage mich immer, was ist Kunst? Was ist Malerei?
Ein Fest für die Augen?
Ein großes Mysterium?
Eine geistige Tätigkeit?
Müssen wir Bilder erklären? Ich bin überzeugt, dass die Malerei keinen Unterhaltungswert hat. Malerei hat einen Bildungswert. Sie hat eine Sinnlichkeit auf einer Ebene, für die man eine hohe Sensibilität entwickeln muss. Die Malerei ist Transfer von Sinnlichkeit.
Petra Ultsch hat eine tiefe Sehnsucht eigene Gefühle auszudrücken oder loszulassen. Die Kunst ist Subjektiv und wir sind immer nackt in unseren Bildern. Malerei ist für sie im wesentlichen ein Zustand des Geistes und unmittelbarer Teil Ihres Lebens. Sie will nicht die Sinne reizen, wie es kommerzielle Kunst tut. Es geht ihr um das Ereignis in sich selbst einen neuen Raum zu entdecken, ihn zu ertasten. Ich spüre, dass die Malerei für sie ein Drama ist. Worte sind gnadenlos, aber eine Farbzusammenstellung kann mehr verraten als Sprache. Man kann eine Verletzlichkeit spüren, Empfänglichkeit für Freude oder Schmerz.
Petra Ultsch versucht die schwer fassbaren Eigenschaften von Stimmung und Emotion einzufangen. Ihre Bilder haben einen feinen Kolorit. Die Farbigkeit ist eine kaum zu beschreibende Skala von den zartesten, transparentesten Schwingungen, bis zu den tiefsten, samtig-satten Tönen. In ihrem räumlichen Zusammenspiel geht keine der zarten Nuancierungen verloren. Sie sind leuchtend, strahlend oder trüb und matt. Sie treten vor oder zurück. Sie wirken hart, brutal, schreiend, aggressiv, zart, sanft, beunruhigend, lyrisch, mild und bescheiden. Eine getrübte Palette und eine gebrochene Linie zeigen ihren Kampf Gleichgewicht zu finden. „Die schönste Harmonie entsteht durch das Zusammenbringen der Gegensätze“ (Heraklit). Eine Zeitlose Kunst entsteht, wenn der Maler diese Balance finden kann.
Bilder von Petra Ultsch haben eine Assoziation mit der Landschaft. Landschaft ist nicht notwendigerweise eine Übertragung der Realität, sondern als Seelenlandschaft zu sehen. Man könnte es ein visuelles Lauschen nennen, das dem Unausgesprochenen nachspürt. Es kann vor allem die Übersetzung von sinnlicher Erfahrung und der Ausdruck von Gefühlen sein.
Das Sichtbare bildet die Form des Werkes, das Nicht-sichtbare macht seinen Wert aus.
Wladmir Kalistratow — Dortmunder Künstler und Leiter der Kunstschule „Schule für kreative Entwicklung“ in Dortmund.